Kaffee und Kuchen ab 14:30 , Austausch und Diskussion ab 16:00, danach gemeinsames Abendessen.
Inzwischen kommen die meisten Teilnehmer Freitagabend bis Sonntag. Das gibt genügend Gelegenheit zur Vertiefung.
Sinnvolle Gewohnheiten:
Gewohnheiten spielen eine wichtige Rolle in unserem Leben. Nach Schätzungen sind über 40% von dem, was wir täglich tun, Gewohnheiten. Das spart Energie, wenn wir nicht bei allem grundsätzlich wieder neu nachdenken müssen, wie wir etwas tun wollen.
Es geht mir grob erst mal um die annehmbaren Gewohnheiten bzw. die, mit denen man etwas Gutes beabsichtigt. Die schlechten Gewohnheiten, die man Wohl oder Übel hinnimmt oder nicht loswird, könnten beim Thema Sucht beim nächsten Palaver am 8. März im Zentrum stehen.
Ich versuche mich in einem Überblick:
1. Gewohnheiten, die im Alltag Mühe ersparen und die Effektivität erhöhen: die Brille, den Schlüssel immer am gleichen Ort ablegen, Werkzeug nach Gebrauch wieder gleich zurückräumen.
2. Gewohnheiten, die Erfolg und Anerkennung und Zugehörigkeit versprechen: Höfliche Redewendungen, aber auch trendige oder solche, die Erfolg in bestimmten Situationen versprechen.
Einen trendigen Geschmack kultivieren und darüber reden.
3. Gewohnheiten, die das Wohlbefinden erhöhen: den eigenen Geschmack kultivieren, mit dem Hund spazieren gehen, um sich zu bewegen und an der frischen Luft zu sein. Etwas für die Gesundheit tun. Etwas mit und für andere Menschen tun. Liebevoll mit sich selbst umgehen.
4. Gewohnheiten aus wertrationalen Gesichtspunkten: Sparsam mit Ressourcen umgehen, weniger Plastik nutzen, nicht bei geldigen Konzernen kaufen, gemeinsam weniger verbrauchen.
Wie zu erkennen, ist mir eine saubere Trennung nicht gelungen. Da gibt es offensichtlich Überschneidungen.
Die Fragen, auf die ich hinauswill, beziehen sich hauptsächlich auf Punkt 4
Wenn wir uns einig sind, dass sich in unserer Gesellschaft einiges verändern müsste, könnten wir mit anderen Gewohnheiten etwas beitragen? Welche dieser Gewohnheiten sollten sich (gefälligst) verbreiten, welche sind unnötig oder schädlich. Vorschläge? Welche können sich so oder so auswirken, je nach Zusammenhang. Wie gehen wir damit um, wenn jeder seine ganz eigene Palette hat. Wie verträgt sich das, wenn wir in Gemeinschaft leben wollen.
Erreichen wir mit diesen Gewohnheiten wirklich immer das, was wir beabsichtigen. Sind es wirklich unsere oder sind sie durch Manipulation von außen, durch Werbung entstanden? Durch die Gesellschaft programmiert. Sollten wir einige Gewohnheiten ablegen, weil sie notwendige Veränderungen eher verhindern?
Oder ist die individuelle Ebene völlig unbedeutend? Können wir höchstens schlimme Auswirkungen minimal abmildern, ohne aber im geringsten notwendige Veränderungen herbeizuführen.
Ist es nicht trotzdem gut für unser Bewusstsein, unseren Umgang mit der Welt, unsere Zugehörigkeit und letztlich unser Wohlbefinden, weil wir etwas Sinnvolles oder uns gemäßes tun. Selbst wenn wir im Großen kaum etwas oder nichts erreichen. Vielleicht ist dieses andere Bewusstsein notwendig für eine grundlegende Veränderung
Hier auf dem Biokulturhof versuche ich mich an einigen „guten“ Gewohnheiten. Helfer oder Gäste tun sich bisweilen schwer damit das zu übernehmen, auch wenn ihnen meine Begründungen einsichtig sind.
Wenn ich wenig Wasser benutze um Gemüse zu kochen und auch ungern Kochwasser abschütte, um keine Inhaltsstoffe wegzuschütten, wenn ich an vielen Stellen kein und allgemein wenig Spülmittel verwende, sollten das gefälligst alle so machen? Wie wichtig ist das? Wenn ich bei Lauch nicht nur den bleichen unteren Schaft benutze und auch sonst bei Pflanzen möglichst alles.
Reicht es, zu sagen oder zu fordern, was „wir“ ändern sollen oder müssen, wg. Klimaschutz usw. Ist ein Appell an das gesellschaftliche „Wir“ überhaupt erfolgversprechend?
Naive Weltverbesserer: Der fatale Irrglaube ans kollektive „Wir“
Jede Gewohnheit zu verändern oder aufzubauen braucht Energie. Da muss eine Absicht dahinterstecken, ein Antrieb. Etwas ändern wollen geht leichter als etwas ändern müssen. Kann Kritik oder Aufforderung erfolgreich sein? Ist es dann doch wieder so, das jedem selbst überlassen zu müssen. Erschwert das nicht andererseits gemeinsame Lösungen, zumal wenn man gerne ich Gemeinschaft leben möchte oder im gesamtgesellschaftlichen Umgang mit Natur etwas erreichen möchte?
Sind die Gewohnheiten unter 1-3 einfach nur neutral oder gibt es auch da Kritikpunkte?
Ein Helfer/Gast hat zwei Milchaufschäumer dabei, egal wo er hingeht. „Falls mal einer kaputtgeht“. Das würde ich einordnen in das Feld „individuelle Vorlieben“, Kultivierung des individuellen Geschmacks.
Bleibt die Frage: welche Art Individualismus ist das? Um sich selbstbewusst, modern, attraktiv, zugehörig zu fühlen? Ist das allein positiv oder bleibt hier, für unsere Gesellschaft möchte man sagen: typischerweise, nur das Konsumfeld, in dem wir uns noch austoben dürfen/können. Kommen wir da wirklich unserem Selbst näher.
Sind solche Individualismen evtl. auch störend bei der Bildung von Gemeinschaft? Käme es vielleicht mehr darauf an, auf diesem unwichtigen Feld eine gewisse Genügsamkeit oder, wem das zu sehr nach Verzicht klingt: elegante Einfachheit zu praktizieren, um leichter zusammen zu kommen?
Für die eigene Gesundheit gibt es viele Gewohnheiten. Rohkost, Tees, viel trinken, Superfood, Nahrungsergänzungsmittel, wenig Zucker, Yoga, Pilates, Bewegung allgemein, Cholesterinspiegel messen oder Blutdruck.
Was davon ist hilfreich, was Schnickschnack und was eher schädlich.
Woher kommt etwa inzwischen die weit verbreitete Ansicht, es sei gut und wichtig und man müsse extra darauf achten, genug zu trinken. Und nicht nur im Altersheim. Ist das nicht auch wieder so ein Punkt, wo Steuerung über Durst nicht mehr ausreicht und wir meinen, alles über Daten in den Griff bekommen zu müssen.
Ist da nicht die Grundeinstellung die, möglichst eingreifen, korrigieren, zumindest unterstützen zu müssen, weil das Vertrauen in den eigenen Körper und seine vielfältigen Steuerungsmöglichkeiten weitgehend verloren gegangen ist. Ersetzt durch das Bedürfnis nach Sicherheit, das nur wiederum durch Kontrolle, durch möglichst viele Daten zu erreichen ist?
Eine Illusion, weil die Vorgänge viel zu komplex sind? Das Vertrauen in die eigene Natur oder überhaupt die Natur bleibt auf der Strecke. Wäre aber vielleicht eine Voraussetzung für einen guten Umgang?
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