15. Palaver Tod am 16.11.

Ablauf und Grundideen bei Palaver 14

Der Tod geht uns nichts an. Sagen die Epikureer. Das ist über 2000 Jahre her, hat aber Spuren hinterlassen. Nähere Erläuterung: solange wir leben, ist der Tod nicht da. Wenn wir Tod sind, gibt es uns nicht mehr, also brauchen wir uns nicht zu kümmern.

Hier könnte mein Text also enden.

Die Fragen bleiben aber:

warum gibt es die Angst bis hin zum Horror vor dem Tod bzw. den Wunsch, länger bzw. ewig zu leben und auf der anderen Seite die Verdrängung der Sterblichkeit?
Und auch dass jemand anderes mit dem Tod einfach verschwindet, macht uns widerständig. Bei jemand nahestehenden kann es so sein, als stürbe ein Teil von uns mit.

Und was macht das mit dem Leben?

Ich gehe mal davon aus, dass uns der Wille zum Leben gegeben ist und wir ihn nicht erst entwickeln müssen und dass wir das mit allen Tieren gemeinsam haben. Mal abgesehen von den Situationen, in denen Krankheit oder Hoffnungslosigkeit den Tod als (vermeintliche?) Lösung erscheinen lässt.

Es gibt die Aussage, dass die Angst vor dem Tod umso größer ist, je weniger wir das Gefühl haben, unser eigentliches uns entsprechendes Leben gelebt zu haben. Auf dem Sterbelager kommt dann das große Bedauern: hätte ich doch weniger oder anderes gearbeitet, mich mehr um Freunde und Familie gekümmert, mehr Sonnenuntergänge angeschaut usw.
Wobei es oft darum geht, es nicht probiert zu haben. Im Zweifelsfalle ließe sich dann auch feststellen, dass es irgendwann genug ist mit den Sonnenuntergängen.

So erginge es uns wahrscheinlich mit vielen Sehnsüchten: dem Lottogewinn, um dann am Strand zu liegen und jederzeit mit eisgekühlten Getränken bedient zu werden, oder dem ewigen Leben.Mir ist keine Schilderung eines paradiesischen Zustandes bekannt, der wirklich auf Dauer attraktiv wäre. Höchstwahrscheinlich wäre es spätestens nach ein paar Hundert Jahren sterbenslangweilig.

Auch die Verdrängung des Todes kann Ausmaße annehmen: wenn Kinder von besorgten Gästen hier auf dem Hof keine toten Tiere zu Gesicht bekommen sollen. Oder gar, wenn sie einen verstorbenen Menschen in der Familie nicht mehr anschauen sollen.

Ich finde es jedenfalls spannender, sich in das Leben zu stürzen, na ja, vielleicht sachter: hinein zu begeben. Nichts zu verdrängen oder nicht wahrhaben zu wollen. Das Leben mit all seinen Irrungen und Wirrungen.

Gute Beweggründe also, mit dem Tod bzw. mit der Endlichkeit seinen Frieden zu machen
Natürlich gibt es noch andere: wenn alles Leben auf der Erde erhalten bliebe, wo sollte das hinführen. Das mit der Sterblichkeit in der Natur scheint mir ein vernünftiges Prinzip zu sein.

Für den Menschen als Ebenbild eines Gottes  da eine Sonderlösung anzunehmen, ist dennoch Kerngedanke in fast allen  Religionen.
Oft heißt es dann: wo sollte ich Hoffnung hernehmen, wenn nicht wenigstens die Seele nach dem Tode weiterexistiert.
Mir kommt das etwas dürftig vor und das Ego scheint mir zu wichtig.

Neben dieser spirituellen gibt es auch noch die mechanistische Variante: Lebensverlängerung bis hin zu ewigem Leben mit den neuesten medizinisch-technologischen Fortschritten. Wers glaubt.  Eine Versöhnung mit der Vergänglichkeit des Lebens im Naturgeschehen ist das beides gerade nicht.

Außerdem: besteht nicht die Gefahr, dass das irdische Leben dann nicht mehr so wichtig ist bzw. auch üble Zustände besser aushaltbar werden, bis dahin, dass sich das irdische Leben dann leichter aufs Spiel setzen lässt?

Obwohl es das auch unabhängig davon gibt: die Lust, das Leben zu riskieren: zu schnell Motorrad fahren, mit Freude in den Krieg ziehen. Auch das ist dem Menschen eigen.

Geht es denn nicht, sich hoffnungsvoll in das Leben zu begeben und zu versuchen, ein gutes Leben zu führen. Das mag für jeden anders sein, aber einiges ist wohl allgemein: neben dem Versuch, die beste Version seiner Selbst zu verwirklichen, Gutes tun auch für andere, mit anderen Menschen, ja mit der gesamten Natur verbunden sein. Im Buddhismus gibt es wohl die Ansicht, dass die eigene Abgetrenntheit, das Selbst, eine Illusion ist. Eigentlich sind wir immer verbunden. Heißt auch: wenn wir sterben, lebt ein Teil von uns weiter. Auch eine Art von Unsterblichkeit. In der Natur zählt das Individuum wenig.

So zu leben, dass wir jederzeit sterben können, das geht wohl nicht, wenn wir uns in diesem guten Leben eine längere Zeit benötigendes Projekt vorgenommen haben. Dann kann uns der Tod in die Quere kommen.


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